Ein paar Worte zum Thema Amazon

Die Amazone ist böse. Die Verlage sind gut. Die Autoren sind Opfer.

Wie schön, dass alles so einfach ist. Ich habe  mich nur am Rande mit der neuesten Runde Amazon-Bashing befasst, obgleich es mir das eine oder andere Mal in den Fingern gejuckt hat. Jetzt muss ich doch einmal, wenngleich nur kurz. Ich fliege bald nach London, zum WorldCon, das finde ich interessanter. Mal gucken, wie da auf Amazon rumgekloppt wird.

Als Amazon vor Jahren in Deutschland anfing, haben die Verlage und Vertriebe gepennt. Als Amazon größer wurde, haben die Verlage und Vertriebe gepennt. Als Amazon so einen richtig fetten Marktanteil hatte, haben Verlage und Vertriebe gepennt. Als Amazon den ebook-Markt zu dominieren begann, haben die Verlage und Vertriebe gepennt. Als die großen Verlage plötzlich erkennen mussten, dass sie mit den kleinen Verlagen und den Self-Publishern auf einmal auf Augenhöhe im Wettbewerb standen, haben sie gepennt.

Dann rannten sie zum Staat und weinten bitterlich.

Ich weine auch, weil so viel Dummheit einfach weh tut. Anstatt die Ärmel hochzukrempeln und eine veritable Amazon-Alternative zu etablieren, wird nur gejammert. Denn bei einer solchen müsste man ja auch den Kleinverlagen und Self-Publishern ein faires Angebot machen (was die etablierten Buchketten früher nie für nötig hielten). Man müsste die amerikanischen, französischen, britischen etc. Neuerscheinungen in Deutschland vorrätig halten, denn wir wollen nicht mehr nur das lesen, was einer Übersetzung für würdig erachtet wird. Und ja, wir sind der Ansicht, dass ein ebook erkennbar preiswerter als eine Printausgabe angeboten werden sollte. Das sage ich als Autor, und zwar laut und deutlich.

Ich äußere mich nur kurz zu den furchtbaren Arbeitsbedingungen bei Amazon, einer Firma, die Logistikzentren in ländlichen Gebieten gebaut und einem Haufen Arbeitsloser in sehr strukturschwachen Regionen eine ökonomische Perspektive gegeben hat. Über dem Mindestlohn übrigens. Dafür wird erwartet, dass man sich Abläufen unterwirft. Sonst macht das Geschäftsmodell keinen Sinn. Aber verdi hat es ja geschafft: wir bekommen unsere Bücher künftig aus Tschechien und Polen. Gut gemacht.

Ich beteilige mich nicht am Amazon-bashing. Ich verdiene über Amazon gutes Geld. Nicht als Self-Publisher, sondern als ganz normaler Verlagsautor. Das wäre ohne Amazon in dieser Form nie, nie, nie möglich gewesen. Andere mögen das schon vergessen haben, die jetzt Moralin in heftigen Dosen einnehmen.

Ich habe es nicht.

11 Kommentare

  1. Pingback: Seine zwei Cent sind meine zwei Cent: Amazon Bashing | KayLog - Martin Kays Neuigkeiten
  2. Thomas Michalski

    Ich danke dir!
    Schön, dass das auch mal wer so sagt.

    Ich glaube auch, viele Leute übersehen gerne das essenzielle Detail:
    Amazon sind nicht da, wo sie sind, weil sie böse sind und einen Pakt mit der Dunkelheit geschlossen haben. Sie sind da, wo sie sind, weil es niemanden gibt, der ihnen in ihrem Bereich das Wasser reichen kann.

    Viele Grüße,
    Thomas

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  5. Wasserblubb

    Die differenzierte Auseinandersetzung mit den aktuellen Themen der Amazon Gegner fehlt hier aber fast komplett. Auf die hohen eBook Preise und das mangelnde Konkurrenzangebot von Amazon einzugehen, halte ich durchaus für gerechtfertigt, wunderte mich auch, als Amazon vor ein paar Jahren durchstartete, dass die deutsche Konkurrenz ehemaliger Versandbetriebe verhältnismäßig uninteressant war und sich auch nicht groß weiterentwickelt hatte. Aber da ich mich schon seit mindestens 2 Jahren mit dem Thema Amazon beschäftige, weiss ich mit Sicherheit, dass Amazon nicht das Unschuldslamm ist, wie es hier so einfach dargestellt wird. Ich glaube Ihr solltet Euer Wissen auffrischen. Wie Herr van der Boom auch sagte, eigentlich hält er sich aus der Diskussion raus, aber das halte ich mittlerweile für die Grundlage, um mitreden zu können, die Diskussion läuft schon lange und hat sich auch weiterentwickelt. Die letzte Eskalation passierte, als Amazon von eBook Verkäufen 50%, als bisher 30% erhalten wollten. Mein erster Gedanke war, ich hätte an der Stelle der betroffenen Verlage einfach Amazon nicht mehr beliefert, aber offenbar ist die Monopolstellung schon zu ausgeprägt, als dass man als Verlag auf Amazon verzichten könnte.

    Gejammert bei Mutti Staat wird nämlich mittlerweile nicht mehr wirklich, hier werden alle Kräfte mobilisiert um dem drohenden Untergang Paroli bieten zu können. Das kann man eher vergleichen, als ob ehemals konkurrierende Königreiche sich zusammentun, um einen tödlichen Drachen zu vertreiben (aktuell besorgte Autoren, vorher schon die großen Buchketten und die Telekom als Tolino Allianz und bestimmt noch andere Petitionen oder sowas). Nur mal so am Rande, in den USA gibt es kaum noch lokale Buchläden, Amazon hat fast alles gefressen und den eBook Markt dominieren sie auch mit ihrem Kindle. Und die gleichen Anzeichen sieht man nun in Deutschland, logisch, dass sich jeder in Gefahr sieht, dem dadurch die Existenzgrundlage entzogen werden würde. Autoren natürlich weniger, aber die Verlage vertreiben die Werke der Autoren und Amazon arbeitet ja ganz offensichtlich und unverschämt (im Sinne der Wörter) nicht mit den Verlagen, sondern zielgerichtet gegen sie.

    Keine Ahnung, warum es so schwierig ist eine funktionierende Konkurrenz aufzubauen und ob es das wirklich ist, aber es geschieht eigentlich ne Menge und Alternativen gibt es auch, man muss sie nur suchen, aber Amazon als Riese hat natürlich mittlerweile „ein Bisschen“ Vorsprung und breitet nahezu unaufhaltsam sein Geschäftsfeld immer weiter aus, als ob sie planen würden, in Zukunft auch noch Wasser und Strom zu verkaufen.

    Amazon wäre ohne die ganzen Kunden nicht so erfolgreich. Deshalb wird der Widerstand auch immer öffentlicher und das ist kein kindisches Gequengel und Geheule, das ist ein Kampf. – Und ich stehe als simpler Bürger auf der Seite der immer größer werdenden Gruppen und nicht auf der Seite von Amazon-Chef Jeff Bezos und seinem Pressesprecher.

  6. PR aus R

    Da kan man dem Dirk ja nur zustimmen. Ausser den ollen Klassenkäpfern von verdi und ein paar Verlagen die den Trend verschlafen haben meckert ja auch niemand.
    Erinnert etwas an Willi Zwo: „Ich setze auf Pferde“.

  7. Adrian Maleska

    Echt ein amüsanter Beitrag, lieber Dirk. Aber das ist nicht weit gedacht. Schon richtig – Amazon hat einiges gut gemacht, daher ist es so beliebt bei uns Kunden und hat eine solche Marktmacht erlangt. Ob mit dieser Macht tatsächlich verantwortungsvoll umgegangen wird, daran habe ich meine Zweifel. Besser betrachtet man dieses Quasi-Monopol, wie alle anderen Monopole auch – mit einger gehörigen Portion Skepsis. Ich frage mich, ob bei Dir ein gutes Gefühl aufkommt, wenn Du von der geplanten Amazon-Lese-Flatrate hörst. Für 9,99 Euronen im Monat lesen satt. Welche Reichtümer daraus wohl für Verlage und Autoren hervor gehen?

    • cursory

      Die Flatrate ist so unvermeidlich wie Spotify und Deezer unvermeidlich waren. Da kann ich natürlich jammern und klagen, aber ich sollte mal nicht so tun, als ob diese Entwicklung an mir vorbei ginge. Ich bin eher bereit, dies als Chance zu sehen. Ob und wie weit sich meine Einnahmen dadurch verringern werden, warte ich erst einmal ab.

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