Ein paar Worte zum Deutschen Phantastik Preis

Wie ja allgemein bekannt ist, gehöre ich zum Team, das alljährlich den „Deutschen Phantastik Preis“ (DPP) austrägt, was im Wesentlichen bedeutet, dass wir die öffentliche Abstimmung organisieren. Ungeachtet aller Mutmaßungen Einzelner verschwenden wir unsere Zeit nicht damit, irgendwem auf der Nominierungs- oder Ergebnisliste Vor- oder Nachteile zu verschaffen. Wir zählen einfach nur.

In der Vergangenheit hatten wir den Eindruck, dass mit der Nominierungsphase etwas nicht gut läuft. Relativ obskure Veröffentlichungen gelangten auf die Liste, und das nicht zuletzt deswegen, weil viele potentielle Abstimmer sich nicht beteiligten, weil ihnen zu den wichtigen Kategorien nichts einfiel. Daraufhin haben wir versucht, dies durch eine Vorschlagsliste, erarbeitet durch eine Jury (in der ich nicht saß) zu kompensieren. Das hat dann die Nominierungsphase sichtlich inhaltlich verbessert, führte dann aber auf der anderen Seite zu der Kritik, dass diese Vorschlagsliste doch eine gesteuerte Vorauswahl sei, denn dort würden – naturgemäß – Titel weggelassen, da sie ja keine Vollständigkeit beanspruche. Dass wir trotzdem jedem Abstimmenden freigestellt haben, etwas ganz anderes zu nominieren als das, was auf der Vorschlagsliste vorgeschlagen wurde, hat diese Kritik im Regelfalle nicht verstummen lassen.

Bei den letzten Abstimmungsrunden haben wir daher auf diese Vorschlagsliste wieder verzichtet, nicht zuletzt deswegen, weil die Juroren auch keine richtige Lust mehr auf die Arbeit hatten (mit einer Ausnahme), was angesichts der Tatsache, dass man sich entweder nur anpissen lassen darf oder von irgendwelchen Verlagen und Autoren belämmert wird, doch bitte auf jeden Fall Titel X zu berücksichtigen, wenig verwundert. Nun aber haben wir die gleiche blöde Situation wie vorher: Obskuritäten schaffen es auf die Vorschlagsliste und prompt, als hätten wir es bestellt, beginnt das alte Lamento wieder.

Wie sollen wir nun darauf reagieren?

Erste Möglichkeit: wir führen die Vorschlagsliste wieder ein. Dafür fehlt es aber an einem arbeitswilligen und dickhäutigen Jurorenteam, das diese Arbeit tun will (Freiwillige?). Wir – d.h. das Team von p-n.de – wollen das nicht selbst erledigen, das würde nur Wasser auf die Mühlen jener bedeuten, die uns paranoid seit Jahren eine Manipulationsabsicht unterstellen.

Zweite Möglichkeit: wir lassen alles so, wie es ist, weil wir nur die dümmsten und eindeutigsten Manipulationen (technisch) ausfiltern können, aber nicht in die Köpfe der Abstimmenden hineinsehen wollen oder können. Wir müssen damit die o. g. Konsequenzen in Kauf nehmen.

Dritte Möglichkeit: wir schaffen die öffentliche Abstimmung ganz ab und machen aus dem DPP einen weiteren Jurypreis, halt nicht nur für SF im Speziellen – wie den DSFP -, sondern für Phantastik im Allgemeinen. Dazu haben wir wenig Lust, da der Reiz ja bisher vor allem darin lag, dass hier eben keine Jury über dieses oder jenes entschied, sondern die Käufer und Konsumenten. Ohne diesen basisdemokratischen Charakter, so unsere bisherige Auffassung, ergibt der DPP keinen Sinn und verliert sein Alleinstellungsmerkmal.

Das ist die Situation – und meine persönliche Reaktion auf die entsprechenden Fragen und Anmerkungen, die in letzter Zeit so eingetrudelt sind. Ich bin für Kommentare und Vorschläge durchaus dankbar.

12 Kommentare

  1. lapismont

    Ich würde den Preis so lassen, ohne Vorschlagsliste. Allerdings könntet ihr als Veranstalter, ähnlich dem Vincent Preis, die passenden Veröffentlichungen zentral sammeln. Listen Seiten etc. einfach als Gedankenstütze.

    Ich mag den DPP. Nur die Verleihung hat Verbesserungspotential. 😉

    • cursory

      Ein Vorschlag, der leider nicht praktikabel ist. Wer soll denn ALLE SF/F/H etc. Neuerscheinungen verlässlich sammeln können? Bei einem Teilgenre mag das noch gehen. Aber das Dach der Phantastik ist zu groß, das überschreitet unsere Kapazitäten.

  2. Petra Hartmann

    Ich finde, es ist ein Publikumspreis und sollte auch einer bleiben.
    Gleichwohl war die Auswahl auf der Jury-Liste überzeugend, die meisten der Titel hätte ich auch ausgesucht. Und so war gewährleistet, dass auch wirklich gute Sachen zur Auwahl standen. Nur war so leider bereits eine Vorauswahl getroffen, die für die Abstimmenden oft, zu oft, prägend war.
    Mein Vorschlag: Gern weiter mit Jury-Liste, falls sich jemand für die Arbeit findet. Aber bitte nicht zu Beginn der Nominierungsphase. Lasst die Leute völlig unbeeinflusst ihre Lieblingsbücher nominieren und danach ergänzt gegebenfalls die Liste der Nominierten um die Juryliste.
    Falls niemand die Jury-Arbeit machen will, was ich gut verstehen kann, lasst es wie bisher. Ein paar seltsame Titel auf der Liste sind kein Beinbruch. Es ist nun mal ein Publikumspreis. Das ist ja das Tolle daran. 😉

  3. Frank Böhmert

    Alles so lassen. Ihr macht das schon richtig. Und: Je mehr Leute teilnehmen, desto weniger können einzelne fragwürdige Titel durchschlagen – also verwendet eure Kapazitäten lieber darauf, mehr Leute zur Abstimmung zu verlocken!

    Herzlichen Gruß,
    Frank Böhmert,
    der, da Laßwitz-Preis-Mitmischer, bei euch grundsätzlich nicht mit abstimmt

  4. translateordie

    Kann mich Frank nur anschließen. Lasst die Nörgler nörgeln, auch wenn ich manche der Nominierungen selbst sehr erstaunlich finde. Egal wie man es macht, es gibt immer genu Leute, denen es nicht passt, die die freiwillige Arbeit nicht zu schätzen wissen. Macht es so, wie ihr euch damit am wohlsten fühlt.

  5. Markus Solty

    Macht es so, wie ihr es für richtig haltet! Es wird immer jemanden geben, der sich beschwert. Ist beim Vincent Preis nicht anders. Aber da wird sich dann über andere Sachen beschwert. Bei uns sind dann die Listen viel zu umfangreich oder es ist nicht ersichtlich, wer abstimmen darf oder es passt etwas überhaupt nicht ins Genre. Aber eine Liste mit allen Phantastikneuerscheinungen fände ich erstrebenswert. Vielleicht sollte man versuchen, da die Kapazitäten zu bündeln.

  6. Nina

    Grundsätzlich gibt es den perfekten Preis nicht. Ein Jurypreis muss sich meist vorwerfen lassen, irgendein pseudointellektuelles Zeug zu nominieren, bei dem sich ein normaler Leser zu Tode langweilt. Der Leserpreis – nun, ich brauche die Nachteile ja nicht aufzuzählen, die Leier hast Du ja oft genug gehört. Mit der Vorschlagsliste gibt es natürlich Vorteile wie die bessere Durchschnittsqualität der Nominierungen (besonders, was die Art der Publikation oder gerade des Verlags anbelangt), aber umgekehrt ist es dann halt nur noch ein halber Leserpreis. Dazu reizt es natürlich Leute, die einen bestimmten Lieblingskandidaten haben, per Drop-Down-Menü einfach irgendwas auszuwählen. Und ja, ich weiß, muss man nicht, aber viele finden halt, dass es „blöd“ aussieht, nur einen zu wählen und das Drop-Down-Menü macht es leicht, das gedankenlos zu tun. Zu dem Thema Listen: Ja, ich muss gestehen, ich tue mir auch immer schwer, eine Nominierung frei zu finden. Ich lese zwar viel, aber nicht immer habe ich die Orientierung, was tatsächlich in dem Jahr erschienen ist oder denk einfach an ein bestimmtes Buch nicht, obwohl es mir gut gefallen hat. Daher nehme ich folgende Listen als Orientierungshilfe: 1. Die von Martin Stricker für den DSFP. Hier werden alle literarischen SF-Werke, die unter ISBN oder ISSN erschienen sind, aufgeführt und sogar die Titel jeder Geschichte einzeln: http://www.sfdb.de/deutsche-sf/index.html – 2. Die Liste vom Vincent Preis, die Horrorbücher und einzelne Geschichten, sowie Hörbücher/Hörspiele und Graphiken aufführt: http://vincent-preis.blogspot.co.at/2013/01/horror-2013.html und 3. Die Liste von Fantasybuch, die monatlich eine Zusammenstellung aller Neuerscheinungen aus allen Feldern der phantastischen Literatur bringt: http://www.fantasybuch.de/neuerscheinungen/aktuelle-fantasy-science-fiction-buch-neuerscheinungen.html Nach einer Durchsicht aller drei Listen hat man doch ein recht vollständiges Bild über alle phantastischen Neuerscheinungen des vorangegangenes Kalenderjahrs. Fehlt doch mal ein Buch, kann man das auf allen drei Listen formlos nachmelden. Das habe ich schon getan und ich kann versichern, dass man bei allen höflich reagiert hat und das Buch – so es gepasst hat und eine ISBN hatte (bei Vincent, glaube ich, aber nicht zwingend nötig) rasch eingefügt hat.

  7. Heike Korfhage

    Auch ich bin der Meinung, dass ein Publikumspreis ein Publikumspreis bleiben muss. Der DPP ist seit vielen Jahren eine großartige und meiner Meinung nach notwendige Ergänzung zu den vielen Jury-Preisen. Es ist Euer ganz großer Verdienst, dass auch kleine, unbekannte Verlage und Autoren die Chance haben, für ihre Qualität ausgezeichnet zu werden.

    Wie bei politischen Wahlen halte ich es für entscheidend, dass die Stimmabgabe möglichst repräsentativ ist. Das kann sie aber nur sein, wenn möglichst viele Wähler sich an der Abstimmung beteiligen. Meiner Meinung nach wäre der richtige Weg dahin, den DPP bekannter zu machen. Vielleicht kann ein wenig Werbung in eigener Sache in den vielen Fans fantastischer Literatur, die noch nie vom DPP gehört haben (die gibt es tatsächlich!), den Wunsch wecken, mitzumachen und „ihrem Buch des Jahres“ zu einer Ehrung zu verhelfen.

  8. exophyt

    Es sollte ein Publikumspreis bleiben! Mein Vorschlag wäre (1.) eine Vorrunde für die Titel, die normalerweise wenige auf dem Zettel haben und die ggf eine Nomi verdienen (also quasi Qualifikanten) … und vielleicht auch etwas obskur sind.
    Die besten 5 schafen es dann (2.) mit auf die Juryliste und damit startet (3.) die Hauptrunde wie gehabt. Das ist – so glaube ich – nur minimaler Mehraufwand und keine Partei könnte da noch behaupten, sie käme zu kurz 😉

  9. Tobias

    Grundsätzlich empfinde ich mit meinen Vorrednern: Lasst es so!
    Ein konzeptioneller Vorschlag wäre höchstens, in die Hauptrunde aus jedem phantastischen Genre den Titel mit den meisten Stimmen zu übernehmen, um eine einseitige Abstimmung unter außschließlich Science Fiction Titeln (beispielsweise) zu vermeiden.

  10. Holger M. Pohl

    Ich würde es so lassen, wie es ist. „Jedem Menschen Recht getan, ist eine Kunst die niemand kann!“ wie es so schön heißt.
    Die Kritiker wird es immer geben. Egal wie ihr es macht; gleichgültig, was ihr macht. Solange aber eine Mehrheit sagt, es ist git so, lasst es einfach, wie es ist.
    Mehr habe ich nicht zu sagen.

  11. Hermes

    Lasst es so wie es ist. Ein paar obskure Titel tun keinem weh, aber die Vorauswahl geht schon ein wenig in Richtung Jury-Preis und davon gibt es genug andere.

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